Elea Friedrichs

Artemis

Frei läuft die Göttin des Mondes
durch Wald und Feld und Tal,
badet in kristallklaren Wassern,
spürt den Wind in ihren Haaren.

Die Erde schenkt ihr Frieden im Innern,
den festen Halt zum leichtfüßigen Lauf.
Der Mond mit seinem silbrigen Glanze
gibt ihr Geleit auf ihrem Weg.

Eine Jägerin ist sie, so flink wie das Reh.
Sie spannt den Bogen mit ruhiger Hand,
sucht sich einen Pfeil, gerade und treu,
und bündelt die Kräfte, das Ziel zu treffen.

 

Odysseus: Heimweh

Eine steinige Insel kenne ich,
mitten in der dunklen See.
Die Kräuter, die dort gedeihen,
riechen nach Salz und Sand.

Die Tiere, die dort leben,
die Menschen, die sie halten,
sind zäh wie keine anderen
im großen ägäischen Meer.

Die Sterne, die ich dort erblicke,
wenn ich nachts in den Bergen schlafe,
leuchten mit hellerem Schein,
als an jedem anderen Ort.

Meine Heimat ist diese Insel,
und wo ich wandern mag,
sehnt sich mein Herz nach den Kräutern,
den Tieren, den Menschen und Bergen,
nach den Sternen von Ithaka.

 

Ödipus und die Sphinx

Auf dem Felsenweg nach Theben
da lauerte eine Gestalt:
teils Löwe war sie, teils Mensch,
mit prächtigen Adlerschwingen.

Rätsel stellte sie jedem,
der nur die Reise wagte.
Manch ein Reisender verlor sein Leben
auf dem steilen Bergpfad nach Theben.
Und noch viele, um ihr Leben fürchtend,
wählten den Weg an der Sphinx vorbei.

Mutig jener Held,
der mit stiller Gewissheit
sich ihrer Frage stellte.

 

Automedon (Achills Wagenlenker)

In gespannter Stille steht der Lenker
an Bord des Wagens, stets bereit.
Durchs Kampfgetöse lenkt er die Pferde
mit meisterhaftem Geschick.

Und wenn um den Wagen herum
die Speere fliegen und Schwerter klingen,
wenn Bronze auf Bronze tönt,
und manch ein Held zu Boden sinkt,
so weicht er nie von seiner Bahn,
und führt den Wagen treu zum Ziel.

 

Die neun Musen

Neun sind wir, die Töchter des Zeus,
jeder eine andere Kunst anvertraut.
Das Dichten, das Singen, das Musizieren,
Der Tanz und die Geschichten der Menschen:
all das ist unser Reich.
Nun, wärmt eure Flöten und spannt eure Saiten,
dehnt eure Sehnen und bereitet die Farben,
sucht Inspiration in dem Vorbild der Musen,
denn für alle, die sich um Schönheit bemühen,
stehen wir mit Rat und Tat zur Hilf‘.

 

Athene

Athene: Göttin der Weisheit!
Du kennst die Künste des Krieges,
des Friedens und der Gerechtigkeit.
Geduldig teiltest du deine Gaben.
Lehrtest uns Spinnen und Weben,
damit wir uns kleiden können.
Zeigtest uns Umgang mit Rad, Axt und Pflug,
damit wir von der Erde leben können.
Entwarfest uns die ersten Töpfe,
helle Flöten und die Segel der schnellen Schiffe.
Wahre Weisheit, edle Künste, rechter Frieden unter Menschen
kann nur entstehen, wenn in deinem Abbild
einer mit dem anderen sein Können teilt
und einer dem anderen hilft.

 

Achills Speer

Singend fliegt der silberne Speer,
aus Eschenholz so hochpoliert
im Bogen durch die Lüfte.
Der Erde Kraft fließt in die Füße,
verankert den Krieger im festen Stand.

Und steht er einmal sicher da,
entsteht ein Tanz der Elemente,
denn Speer und Werfer vereinen in sich
Erde, Wasser, Feuer und Luft.

Die Erde ist uns Start und Ziel.
Das Wasser fließt durch Fleisch und Holz.
Das Feuer brennt in Heldenherzen.
Die Luft, sie bringt den Speer zum Singen.

 

Odysseus bei den Rindern / Polyphem / den Sirenen

Die Gefährten des Wanderers
gedankenlos von Früchten aßen
und verloren den Verstand.
Auch schlachteten sie Hyperions heilige Rinder
und ernteten seinen Zorn.

Der Meister aber, standhaft hielt inne,
wusste der Götter Groll zu meiden.
Er allein bezwang den Riesen mit List.
Er allein widerstand der Sirenen Gesang.

Der Ruf der Heimat hielt sein Schiff auf Kurs,
trug ihn weit auf das stürmische Meer,
bis ihm die Heimkehr geboten ward.

 

Demeter und Persephone

Demeter schenkte den Menschen
Garben von goldenem Korn,
Bäume voller Früchte
im Sommerlichtesglanz.

Persephone, ihre Tochter,
dem Frühling ward gewidmet.
Ihr Lachen erklang wie der Vögel Gesang,
ihr Blick brachte erste Blüten zum Sprießen.
Wo immer sie auftrat, wuchs es grün,
und aus der tiefsten Winterkälte
erwachten nun Freude und Hoffnung.

 

Pegasus und Bellerophon

Im freien Flug, in Wind und Luft,
erhebt sich das Ross den Wolken entgegen.
Tief hinunter schwinden Menschen,
Dörfer, Felder, Haine, Berge.
Aus Medusas Kopf entsprungen,
schmale Hufe, breite Schwingen,
weiß wie der Schnee und wild wie das Meer.
Nur mit dem Zügel, von Athene geschenkt,
ließ es sich bändigen, striegeln und zähmen,
nahm den Helden mit im Flug.

 

Pygmalion und Galatea

Aus Stein geformt, gekrönt mit Gold,
unter dem Meißel des Meisters
erhebt sich die Gestalt.
Ein letzter, vorsichtiger Schliff
und schon scheint‘s mir,
als träte aus dem kühlen Marmor
eine lebendige Königin hervor.
Die Götter erfreuen sich an menschlichem Tun,
wenn wahre Kunst mit Herzenskräften
sich zum höchsten Ziel vereinen.
Und so hauchte Aphrodite
Leben in den kalten Stein.

 

Prometheus

Wer formte die Menschen aus Erde und gab ihnen die Göttergestalt?

Ich war‘s, Prometheus.

Wer lehrte sie die Kunst des Hausbaus, die Viehzucht und das Schmieden?

Ich war‘s, Prometheus.

Wer verbarg die glimmernde Kohle unter seinen Mantel
und trug das Feuer vom hohen Olymp ins Erdenland?

Ich war‘s, Prometheus, und würd‘ es immer wieder tun,
denn Menschenwürde und Menschenliebe
sind mir ein höheres Gebot
als alles, was du, Götterkönig,
in deinem Zorn ersinnst.

 

Orpheus

Im Olivenhain ist Stille,
es rauscht der Wind in grauen Blättern.
Bis der Musiker die Stimme
im Morgengrauen sanft erhebt.
Er horcht in sich und zupft die Saiten,
lässt seine Melodie erklingen.
Tiere lauschen auf sein Spiel,
Vögel stimmen mit ihm ein,
Bäume wiegen sich im Rhythmus,
bis der letzte Ton verklingt.
Und was bleibt im kühlen Hain
ist nur ein Echo seiner Stimme,
das vom Wind getragen
der Menschen Herz erfreut.

 

Delphi

Suchende, kommst du nach Delphi
um all deine Rätsel zu lösen,
und bittest im Schatten der Kiefer
um Rat von Apollons Orakel,
so höre die Worte der Priester:
„Rätsel um Rätsel wird hier getauscht
und die Antwort musst du selbst finden;
Nur waches Denken und eigenes Tun
wird dir die Lösung entschleiern.“

 

Hephaistos

Ich schwinge den Hammer mit sicherer Hand
und horch‘ auf den singenden Klang.

Die Erze der Berge lassen sich biegen,
lassen sich formen in meiner Hand.
Aus härtestem Eisen erschaffe ich Klingen,
aus Bronze den Harnisch für Helden gemacht.
Warmes Kupfer zu Bechern gebogen,
Gold glänzt hell in Götterschmuck.

Jedes Metall singt sein eigenes Lied,
das nur der Meister erkennen kann.

 

Troja

Poseidons Söhne, Riesen alle,
hoben Steine, bauten Mauern
so standfest und sicher,
dass kein Heer sie vernichten konnte,
erschufen Türme, so hoch und steil,
dass kein Held sie erklimmen konnte.
Durch Fleiß und Müh‘ entstand die Stadt,
durch Tatkraft, Mut und rastloses Schaffen.
Man nannte sie Ilion: von Winden umweht,
der Schutz eines Volkes und der Stolz seines Königs. 

 

Olympus

Auf Olympus‘ Höhen thronten die Götter,
sechs Kinder Kronions, die die Welt regierten.
Zeus, der älteste, war König des Berges.
Hera seine Gemahlin, stolz und treu.
Poseidon herrschte über die Meere,
brachte die wilden Wellen zum Schlagen.
Hestia bewachte die Flamme des Hauses.
Hades, der dunkle, herrschte im Untergrund,
das Reich der Toten war sein Land.
Demeter der Ernte ward gewidmet,
ihrs der Reichtum von Feld und Hain.

 

Hermes

Der Bote der Götter bereist Menschenwelt
und Götterhöhen auf beflügelten Füßen.

Sein Stab in der Hand und sein Hut auf dem Kopf,
unscheinbar, flink und jedem bekannt.

Beschützer der Händler, der Diebe, der Reisenden,
wachsam und wandlungsfähig geht er seinen Weg.

Mit leichtem Mut und schnellem Witz
steht er jedem zur Seit‘ in der Stunde der Not.

 

Herakles

Zwölf Arbeiten muss ich vollbringen
bis ich endlich ruhen darf.
Zwölf Mal meine Kräfte testen,
zwölf Mal zeigen, was ich kann.

Mit Löwenkraft und Löwenherz
mach‘ ich mich an mein Tageswerk.
Einen Löwenmantel trag‘ ich stolz,
dass alle sehen, was ich schaff‘.

 

Penthesilea

Um Trojas Mauern tobte die Schlacht
zwischen Skamander und Skaios‘ Tor,
wo Jahr um Jahr die Speere flogen,
wo Jahr um Jahr die Helden fielen.

Da kam sie hoch zu Pferd,
Ilion zur Seit‘ zu steh‘n,
Penthesilea, Tochter des Ares,
glänzend in silberner Rüstung.

Dunkle Haare flogen im Winde,
stolz ihr Haupt und kühn ihr Blick.
Und hinter ihr donnerten unzählige Hufe:
ein Strom von Reitern voller Eifer.

Still blieb sie stehen, blickte hinunter,
sprach im Herzen ein letztes Gebet.
Den Bogen spannte sie, bereit zum Kampfe
für Freiheit und Ehre ihres Volkes.

 

Odysseus bei Skylla und Charybdis

Mit starkem Griff halt ich mich fest
über dem tosenden Gewässer.
Die rauschende Gischt verschlingt mein Schiff,
turmhohe Felsen ragen in die Luft.
Der Strudel droht mich zu verschlucken,
doch weiß ich mich zu retten.

Kraft der Arme spür‘ ich in mir,
sichere Quell‘ für all mein Tun.
Gedankenkraft schenkt mir Athene,
dass mein Ziel ich nicht verlier‘.
Herzenskraft erwärmt mein Innern,
schenkt mir den Mut zur Heldentat.

 

Odysseus‘ Heimkehr

Als rosige Eos ihre Finger ausstreckte
und die Sonne ihren Weg am Himmel betrat,
erwachte der Wanderer allein auf dem Sand
und schaute auf den weiten Horizont,
auf die schäumenden Wellen, woher er kam.

Noch erkannte er nicht die steinige Küste,
noch erkannte er nicht das geliebte Land.
Da erschien ihm Athene in glänzender Rüstung,
erzählte ihm, wo er gelandet sei,
und nun blickte er mit Tränen im Auge
auf die Steine des Heimatlands.

Gewarnt durch Tiresias, mit Hilfe Athenes,
erreichte Odysseus in Greisengestalt
das Haus, das er vor langer Zeit verließ.
Einen Pfeil an der Sehne seines Bogens,
schoss er gerade und treu, zwölf Ringe durch,
und kehrte endlich heim.

 

Penelope

Des Schicksals Faden halt‘ ich in der Hand,
und spanne ihn geduldig von Seit‘ zur Seit‘.
Mein Leben ist es, das sich auf dem Webstuhl
in voller Farbenpracht so reich entfacht.
Mein Leben ist es, das ich nachts im Dunkeln
zurückgewinne, Stück für Stück.
Und im Zusammenspiel der Fäden
entwickelt sich ein dichtes Netz
aus allem, was ich Tag für Tag
hören, sehen, fühlen kann.
Freude, Leid, Erfüllung, Schönheit,
Mut, Treue, Hoffnung:
Das alles halt‘ ich in der Hand.

 

Theseus und Ariadne

Mit zahllosen Wegen im Dunkeln
erstreckt sich das Labyrinth.
Ein Pfad kreuzt den anderen:
nur ein Weg führt ans Licht.

Treue Ariadne, voller Hoffnung,
dass Theseus im Irrgarten sich nicht verlier‘,
schenkte ihm einen Seidenfaden.
Stück für Stück entrollte sich das Knäuel,
markierte den Weg zurück zum Licht.

 

Hektor

Im Glanze des Sonnenlichts steht er,
Hektor, Prinz von Troja.
Sein Panzer aus klarster Bronze,
von Götterhand geschmiedet.
Sein Helm mit dem hohen Kamm,
eine Krone für sein Haupt.
Die Hände geschickt wie kein anderer.
Die Beine zum schnellen Lauf bereit.
Ein Herz, das schlägt für Frieden,
Freundschaft und Gerechtigkeit.

 

Die Dioskuren

Zwei Sterne stehen am Firmament,
die Meeresleut‘ ans Ziel zu führen.
Zwei Brüder sind es, Prinzen beide,
vereint am Himmel, wie im Leben.

Castor war ein Königssohn,
ein Wagenlenker ohne Gleichen.
Polydeukes, Kind der Götter,
errang im Kampfe Sieg um Sieg.

Einer ins Reich der Toten verbannt,
der andere zum Olymp gerufen.
Sie baten Zeus, sie nicht zu trennen
und fanden Ruh‘ am Himmelszelt.

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