Elea Friedrichs
Dramatische Monologe für die 8. Klasse (Thema Biografien)
EMMELINE PANKHURST: *15. Juli 1858 †14. Juni 1928
Warum soll ich denn schweigen,
bloß weil es der halben Menschheit nicht behagt,
dass ich meine Stimme erhebe?
Ist sie euch zu hoch, zu quengelig, zu gefühlsgeladen?
Oder fürchtet ihr euch das anzuhören, was ich zu sagen habe?
Wir sind keine Minderheit:
weder in Zahlen, noch in unserer Würde;
weder in dem Wert unserer Gedanken,
noch in der Kraft unserer Stimmen.
Tausende von Jahren schwiegen wir,
verrichteten ungesehen die uns zugeteilte Arbeit,
beugten bescheiden unsere Köpfe über den Webrahmen,
hüteten den Herd und beteten um Schutz,
ließen uns von euch verteidigen, verschleppen, versklaven,
gebaren eure Kinder, oder die eurer Feinde, ganz egal
ob wir es wollten, oder nicht.
So viele Talente, so viele Kräfte!
Welch eine Verschwendung von menschlichem Können!
Und fragst du dich nicht, wie die Welt nun aussähe,
wenn wir all die Jahre hätten mitstimmen dürfen?
Wäre dann unsere Geschichte von so viel Krieg,
von so viel Leid übersät?
Wir werden nicht mehr schweigen.
Und die Menschheit wird uns danken,
denn ohne unsere Stimmen ist sie nur
eine halbe Menschheit.
THOMAS ALVA EDISON: *11. Februar 1847 †18. Oktober 1931
Seht ihr nicht, was für vielfältige Möglichkeiten sich vor uns erstrecken,
wenn wir die Gesetze der Welt zu unseren Gunsten zügeln?
Wagen wir es nur zu träumen, allein die Zwangsjacke der Zeit,
die knapp gezählten Stunden eines Menschenlebens,
beschränken unseren Fortschritt!
Die Elektrizität: Welche Magie, welches Potenzial, wenn nur richtig geleitet!
Die Interaktion der Elemente: Metalle, Gase, Säure, Basen.
Der Baukasten der Welt liegt uns zu Füßen, lernen wir es zu bedienen!
Schwerkraft, Hebel, Magnetismus, Zentrifugalkraft:
Grundlagen der Technik, über die wir herrschen können!
Tun wir uns zusammen, forschen mit Geduld und System,
erfreuen uns an Fehlversuchen wie am Erfolg
und entwickeln die Bereitschaft zum wirklichen Denken,
so kann uns das scheinbar Unmögliche gelingen!
Akkumulatoren, Telegrafie, Leuchtmittel, galvanische Zellen…
So viele Ideen schwirren in meinem Hirn, so wenig Zeit, sie zu realisieren…
Eine Armee von Erfindern bräuchte ich, damit alle Pläne Früchte tragen!
M. C. ESCHER: *17. Juni 1898 †27. März 1972
Ein schiefer Blick genügt
und schon kann das Alltägliche
ganz unalltäglich wirken.
Eine Pfütze wird zur Pforte in eine gespiegelte Welt,
Treppen winden sich und führen hoch ins Nichts,
Eidechsen tanzen teuflisch auf meinem Arbeitstisch,
Ein Fisch verwandelt sich zum Vogel oder wird der Vogel zum Fisch?
Veränderungen so fein, dass du sie kaum erkennst,
ergeben in der Summe die Verwirrung aller Sinne.
Sie führen zu Verwandlungen, die die vertraute Welt
in einem Spiel ganz unvertraut erscheinen lassen
und uns dazu verleiten, sie anders zu erkennen.
Welche Wunder entstehen durch diesen leicht verstellten Blick!
Dafür reicht‘s nicht aus, im Strome mitzuschwimmen;
Die Zauberkraft der Fantasie wird mir erst gewährt
wenn ich andere ihrem Ziel folgen lasse
und meine eigenen Wege einschlage.
KÄTHE KOLLWITZ: *8. Juli 1867 †22. April 1945
Die Frau hält des Kindes Leiche fest gegen ihre Brust gedrückt.
Der Mann, gebeugt in Trauer, schultert seine Bürde und stapft geduldig weiter.
Die Kinder schauen großen Auges aus schmalen, verhungerten Gesichtern.
Die Arbeiter, wütend, grollend, Rache suchend, machen sich auf zum Protest.
Die Eltern trauern um ihren Sohn, voller Tatendrang gefällt, in sinnlosem Gehorsam,
in weiten Feldern übersät vom blühenden, blutigen Klatschmohn.
Wo immer Menschen leben, sehe ich Armut, Kummer, Ungerechtigkeit.
Wie soll ich nur das Leid der Generationen, der Millionen Menschenseelen
über mich ergehen lassen und nicht daran zerbrechen?
Ich sammele die Bilder, die hinter meinen Augen brennen
und lasse sie durch meine Kunst verdichtet auf Papier entstehen.
Und so entsteht auch Hoffnung, dass ich das, was ich erlebt, gesehen,
der Menschheit nun so greifbar mache, dass sich die Zeiten ändern.
Und Hoffnung blüht wie Klatschmohn,
rebellisch, lachend, voller Tatendrang
blutrot im Licht und Schatten meiner Skizzen
und schenkt mir die Kraft weiter zu streben
für eine gerechte Welt.
TOVE JANSSON: *9. August 1914 †27. Juni 2001
Mein Inselparadies ist Zuflucht, Heimat, Land der Träume.
Ich lernte dort zu sein, wer ich tatsächlich bin
und öffnete meine Augen für die Welt um mich herum.
So kam ich zaudernd, zögernd, leisen Trittes aus der dunklen Hütte hervor
und warf mich voller Freude ins ungezähmte Meer.
Und ließ mich verführen von den wilden Winden und Wogen,
von herrlichgold‘nen Sonnenstunden, von sturmdurchwalteten Nächten
Wen traf ich dort im Stillen, fernab vom Menschentrubel?
Ich traf die rastenden Vögel auf ihrem Flug gen Süden.
Ich traf die glänzenden Insekten, die in der Sonne tanzten.
Ich traf auf scheue Tiere, Wesen einer einfacheren Welt,
die ließen sich in Kameradschaft auf die Begegnung ein.
Und so traf ich dort auch auf mich selbst, mein wahres Wesen unverhüllt.
Und fing dann an, Gedanken, Träume festzuhalten
in Bildern, Schriften, Skizzen zu verfeinern
und diese Schätze meiner Seele der Menschenwelt zu zeigen.
OLIVER SACKS: *9. Juli 1933 †30. August 2015
Die Welt! Sie ist so groß, so voll, so wundervoll! Ich möchte alles sehen, was sie zu bieten hat.
Denn weißt du eigentlich, wie wundersam das Leben der Kopffüßler sich gestaltet?
Lass mich mal erzählen vom Tintenfisch und Oktopus, von Weichtieren und Arthropoden,
von unvorstellbaren Welten in dunklen Tiefseegräben ...
Und hast du schon den Rausch gespürt von Motorradfahrten durch die Wildnis,
von Wind und Sonne, stürmischer Geschwindigkeit, reinster Luft und purer Freiheit?
Und lass mich zeigen, kurz erklären, welche unerhörten Wunder die Chemie uns bieten kann:
welchen Charakter, welche Vielfalt hinter den Elementen sich verbirgt,
wie Stein und Metall, erweckt zum Leben, ihr wahres Wesen zeigen!
Und nun lasst uns noch verweilen in den Gedankengängen des menschlichen Gehirns,
auf der Suche nach Prozessen unerforscht und rätselhaft.
Das Wissen, das wir so erstreben, wird irgendwann die Vielfalt aller Menschen
in ihrer Einsamkeit, in ihrem Eigensein doch zueinander bringen.
MOHANDAS KARAMCHAND GANDHI: *2. Oktober 1869 †30. Januar 1948
Dem höchsten Ziel habe ich gedient:
der Freiheit und der Würde eines jeden Menschen.
Es war mir eine Ehre, meinem Volke und auch der Menschheit
von meiner Kraft zu schenken
und mit unzähligen anderen die Berge zu bewegen,
die uns im Wege standen.
Als ich diesen Weg einschlug, dachte ich noch,
meine Gedanken, mein Wissen, mein Redetalent
seien die Waffen, die wir brauchten, um Freiheit zu erlangen.
Doch mit der Zeit, mit harter Arbeit und Selbsterkenntnis
wurde es mir klar, dass Waffen, Wissen und schlaue Worte
keine Kraft besitzen, um aus Unrecht Recht zu schöpfen.
Und so erkannte ich, dass einzig und allein die gesammelte Kraft,
die Überzeugung unzähliger Menschenherzen die Tyrannei besiegen kann.
Ich wünsch‘ mir nun nur Eines, am Ende meiner Zeit:
die Verteilung meiner Asche im heiligen Ganges-Strom,
damit ich mich mit allen Wesen dieser Welt im ewigen Schlaf verbinde
und mit meinen Kräften dem Universum weiter diene.
MARIA SYBILLA MERIAN: *2. April 1647 †13. Januar 1717
Öffnet eure Augen für den Zauber der Natur! Denn in dieser Welt gibt es so viel zu entdecken.
Ich lag einst auf einer Wiese, von Halmen ganz umgeben
und ließ mich dort bezaubern von der Vielfalt kleiner Wesen,
die mich, den unbekannten Eindringling, zögernd erforschen kamen.
Seitdem tauschte ich die Wiesen meiner Jugend gegen einen fremden Dschungel
und lernte Welten kennen, denen ich noch nie begegnet war,
voller einzigartiger Verwandlungen und wahrer Wunder:
Die winzigsten Wesen können Zelte weben, sich ein Häuschen spinnen,
dessen Feinheit mich sprachlos stimmt, wenn ich versuche es zu zeichnen;
die niederste Raupe trägt Markierungen so symmetrisch, so variiert und so fein,
dass keiner, der sie einmal betrachtet, sie je vergessen kann.
Unterschätzt nicht, ihr so mächtigen Menschen, die einfachen Wesen auf der Wiese,
denn ohne sie gäbe es auch für uns kein Leben mehr auf Erden:
Geht ihr aber leisen Trittes durch die Welt und lernt, im Kleinen auch den Zauber zu erkennen,
So werdet ihr einen Reichtum kennenlernen, der alle Künste der Kultur bei weitem übertrifft.
ROSA LUXEMBURG: *5. März 1871 †15. Januar 1919
In welcher Welt wollt ihr denn leben, ihr hier versammelten Kameraden?
In der der Gegenwart, wo Ungerechtigkeit und Zwang
jeden Menschen unfrei machen, Ketten legen um die Herzen,
die, nach Würde suchend, scheitern, und, nach Freiheit strebend, sterben?
Oder traut ihr euch einen Blick zu werfen in die Welt der Zukunft
und euch bereit zu machen für eine Diktatur der Massen?
Die Massen müssen es sein, die den Weg nach vorne bahnen,
und eine Gesellschaft einfordern, eine neue Ordnung,
in der jeder mitbestimmt und jede Stimme zählt.
Lasst uns eine Gemeinschaft aller Völker schaffen,
in der Krieg und Glaube, Nationen und Stände
nicht über das Schicksal der Menschheit walten!
Weltweit wird es sie bald geben, die Utopie der Denker:
dieser hoffnungsvolle Traum wird in Erfüllung gehen!
Es braucht dafür nur frischen Mut und unsere vereinte Kraft,
bis alle Menschen auf der Erde sich die Hände reichen.
OLAUDAH EQUIANO: *ca. 1745 †31. März 1797
Meine Geschichte ist wahrlich ganz sonderbar: Lass mich erzählen!
Sie umfasst drei Kontinente, verbunden durch die Winde des Atlantiks,
in einem Dreieck der Bereicherung, der Ausbeutung und der Grausamkeit.
Ein Kind war ich nur, im Hause meines Vaters in Benin,
als ich eines Tages mit meiner Schwester spielend
losgerissen wurde von allem, was ich kannte.
Ein langer Schiffsweg über den rollenden Ozean:
Kameraden gekettet, gefoltert, gepeitscht, getötet;
Wochen des Hungers in Elend und Dreck des Unterdecks,
wo wir, verfrachtet wie Masttiere, zu Hunderten starben.
Ein neues Leben fing ich in Barbados an: aber was für eins!
Verkauft und versklavt wurde ich von mehreren Herren,
verschleppt und entwurzelt in mehrfacher Art,
bis ich meine Freiheit zurückerlangen konnte.
Nach vielen Jahren lernte ich erst des Dreiecks Ursprung kennen:
Nach London kam ich und liefere nun, ihr Herren, mein Zeugnis,
auf dass dieses Elend, der Raub unserer Identität
und die Missachtung unserer Würde schnellstens enden wird.
NELSON ROLIHLAHLA MANDELA: *18. Juli 1918 †5. Dezember 2013
Eine Zelle, darum herum eine Mauer aus Stein,
darum herum der Stacheldraht, die Scheinwerfer, Hunde und Gewehre.
Darum herum das Meer und weit und breit keine Menschenseele.
Keine Hoffnung auf Flucht.
Doch eingesperrt war nur mein Leib:
Ich sandte meine Gedanken weit über alle Meere,
frei wie Vögel über den Mauern schwebend.
Meine Boten an die Außenwelt, Erinnerungen, Lebenszeichen
hofften auf Begegnungen mit mir zugewandten Menschenherzen.
Denn unsere Idee, unser Traum von Gleichheit, Vielfalt und Gerechtigkeit,
den kann keiner einsperren, und seien die Mauern noch so hoch.
Vielmehr sind es diejenigen, die wir befreien müssen,
die zeitlebens in Gefangenschaft von Hass und Vorurteilen
ihren selbstgebauten Zellen nicht entkommen können.
ANNE FRANK: *12. Juni 1929 †Februar / März 1945
Gedanken im Tagebuch festgehalten
heimlich, nur für meine Augen.
So verbringe ich meine Jugend
versteckt im Achterhuis.
Beobachtungen, Witze, Ideen:
Das alles behalte ich fest bei mir
und lass es reifen, dicht und still
wie das Leben im Versteck.
Doch mit meinen Gedanken
kann ich sogar die Welt verändern,
wenn ich andere Menschen
daran teilnehmen lasse.
Mit meinen Worten kann ich über Jahre
Menschen in aller Welt berühren
mit meinen Worten Leben schaffen
und so weiterleben, lang nach meinem Tod.
„Ik zal niet onbetekenend blijven,
ik zal in de wereld en voor der mensen werken!“
ALEXANDER VON HUMBOLDT: *14. September 1769 †6. Mai 1859
Erinnerst du dich, alter Freund, an unsere Reise entlang des Orinoco?
Wie wir über Wasserfälle fuhren und das Boot beinahe zerbrach...
Wie wir uns verliefen und tagelang im Sumpf irrten…
Was für Berge wir bestiegen, nur um unser Können zu beweisen…
Da ließen wir endlich hinter uns die verstaubten Bücher,
hörten auf zu lesen, Karten zu durchforsten
und tauchten ein in unser Element: das Abenteuer!
Wie unerfahren und tollkühn unsere Pläne –
die Lust, die ganze Welt zu erschließen!
Die Jahre haben uns vielleicht inzwischen mehr Weisheit gelehrt
und heute müsste ich nicht durch jedes Hornissennest trampeln...
Doch was gäbe ich nicht für die Unbefangenheit der Jugend und den Rausch der Freiheit!
CHARLES DARWIN: *12. Februar 1809 †19. April 1882
An den stillen Orten, da schöpfe ich meine Kraft
denn dort, wo nur der sanft‘ste Windeshauch die Blätter tänzeln lässt
leise, nur für meine Augen, die Natur sich zögernd, wachsam zeigt:
Die Adern eines Blattes fein gezeichnet, großartig zum Transport verfeinert,
die Rillen einer Feder, flexibel, dehnbar und doch so stark zum Flug,
die Form eines Schnabels, perfekt an seine Futterquelle angepasst,
die wachen Augen des Salamanders, der mich still betrachtet.
Welche ungeheure Kraft kann hinter solchen Wunderwerken stecken?
In der Betrachtung der Natur, in tiefster Meditation an stillen Orten,
kommen die Gedanken, wie Teile eines Puzzles unweigerlich zu einem Ganzen:
Durch Verwandlung getrieben, durch Leben und durch Sterben, entwickelte sich die Welt,
die uns in solcher Vollkommenheit verwundert rätseln lässt.
In stetiger Bewegung, in Formen so endlos und so wundervoll eröffnet sie sich mir!
HANNAH ARENDT: *14. Oktober 1906 †4. Dezember 1975
Königsberg, 1920. Ein Mädchen, grau gekleidet, im Haus ihrer Eltern.
Ein Anblick aus einer verlorenen Welt erscheint es mir aus heutiger Sicht:
Mein Leben streckt sich über siebzig Jahre, zwei Kontinente und umfasst einen solchen Wandel,
dass mein heutiges Ich in dem ungeformten Mädchen von damals kaum noch erkennbar ist,
doch lass mich versuchen, euch ihren Weg, ihre Verwandlung zu schildern:
Unentschlossen schwankt sie zwischen Kindheit und Erwachsensein,
für immer in diesem Augenblick auf der Schwelle gefangen:
noch ahnt sie nicht, wie weit das Schicksal sie treiben wird.
Schaust du näher, erkennst du hinter dem kühnen Glanz der Augen
eine Fragilität, selten erkannt, Gefühle selten anerkannt,
einen Menschen, der allem offen steht
und die Welt und die Menschheit zu verstehen strebt.
Welch einen Weg legte ich zurück seit jenen fernen Königsberger Tagen!
Berlin, Marburg, Heidelberg: Lehrjahre am Knie der großen Denker.
Paris, Montauban, New York: Wanderjahre, Flucht und neue Heimat.
Jerusalem: meine Stimme der Ruf einer Generation, meine Worte das Gewissen einer Nation.
FRIEDRICH VON SCHILLER: *10. November 1759 †9. Mai 1805
Lasst mich mit euren verstaubten Kanzleitexten,
gebunden in Leder, gedruckt in Fraktur!
Versucht mich nicht in Ketten zu binden: ich will die Welt entdecken!
Alter Mann, du hast keinen Schimmer, wonach mein Herz verlangt,
und willst mich nur nach deinem Abbild schaffen.
Das Schlimmste, was ich mir je vorstellen kann: Ein Leben ohne jegliches Gefühl!
Ich will die Tiefen menschlichen Handelns durch meine Fantasie ergründen!
Will Begierden, Schwächen, Heldentaten durch meine Feder zum Leben erwecken.
Will das Publikum mit meinem Geschick mal erheitern, mal zu Tränen rühren,
sodass jeder einmal sein kann, was er sonst nicht kennt:
ein General, verraten vom engsten Freund, ein Prinz, verliebt und so verdammt,
eine Heldin auf dem Scheiterhaufen, eine Königin im Streit um ihre Krone:
Menschen aufrecht in der Erkenntnis ihres Schicksals.
Und sollte ich scheitern, so sei es:
dann wenigstens durch mangelndes Talent
und nicht freiwillig erstickt im Staub der Kanzleischriften.
HELEN KELLER: *27. Juni 1880 †1. Juni 1968
Im Dunkeln gefangen, in gedämpfter Stille, in Einsamkeit lebend,
strebte ich einst um die Erkennung meines Wesens.
Treibend auf dem tosenden Meer, gefangen im gewaltigen Sturm der Empfindung,
ohne Karte und Kompass, ohne Ruder zum Lenken, ohne Lotse zum Steuern.
Ich roch und schmeckte, tastete meinen Weg im Dunkeln voran,
blieb aber stets fern des Kontakts, nach dem ich mich sehnte,
kannte keine klaren Gedanken, keine Ordnung der Gefühle.
Bis eines Tages ich es spürte und sogleich begriff: WASSER!
Welch kühler Strom auf meiner Hand, sechs Zeichen eingebrannt auf meiner Haut
wie mit Feuer und glühendem Eisen gebrandmarkt: für immer ein freier Mensch.
Welche Kaskade der Verbindungen entstand in meinem Hirn!
Und ich wurde unersättlich, immer nach Bildern strebend, um mein Inneres zu ordnen.
Sinneswahrnehmungen: Tore zur Welt, Schlüssel der Kommunikation!
Welch ein Genuss, wenn Eindruck, Gefühl und Sinn sich so vereinen!
Ich will die Welt entdecken, will erleben, erkennen, denken, lernen,
herausgefordert werden, Hürden überwinden.
Seht ihr mich und seht ihr was ich kann?
Gießt ihr das Wasser des Lebens auf meine ausgestreckte Hand
oder muss ich die Samenkörner darin vertrocknen lassen?
SOPHIE SCHOLL *9. Mai 1921 †22. Februar 1943
Sagt nicht, ich hätte meine Fähigkeiten vergeudet.
Denn immer strebte ich danach, in vollem Umfang mein wahres Selbst zu sein
und so zu leben, dass ich mich in jedem Augenblick erkennen kann.
So auch werde ich sterben und erziele so Vollkommenheit
von Gedanken, Worten, Taten.
Ich trage dann allein die Verantwortung für mein Tun.
Kein Mensch wird in meinem Namen verfolgt,
kein Volk wird in meinem Namen versklavt,
kein Verbrechen wird in meinem Namen
zu einem Sieg ernannt.
Ich handelte stets aus freiem Willen, meinem inneren Kompass folgend,
und setzte mich mit allen Kräften für die Wahrheit ein.
So nehme ich Abschied von der Welt
von sinnlichem Genuss und menschlichen Empfindungen.
Angst verspüre ich nur, dass ich im letzten Augenblick Schwäche zeigen soll.
Und spüre ich nun zum letzten Mal der Sonne liebevolle Wärme
so lass ich mich von ihr ein letztes Mal anstrahlen
und weiß, auch wenn ich nicht mehr lebe, wird sie nicht vergehen.
Genauso unser Ziel, das durch meinen Tod noch heller leuchten wird!
DMITRI MENDELEEV: *8. Februar 1834 †2. Februar 1907
Pure Logik führte meinen Gedankengang.
Wo andere sich irrten und gaben sich zufrieden
mit Vorstellungen und bunten Halbwahrheiten,
genügte mir doch nur die reinste Systematik.
Enthüllt in der sonderbaren Klarheit eines Traumes
lagen eines Tages vor meinen Augen die Elemente in Reih‘ und Glied,
das Atomgewicht der Schlüssel, den ich lange Jahre suchte.
So brachte ich meine Erkenntnis in Windeseile zum Papier
und daraufhin ergänzte ich nach logischen Prinzipien
meine Idee zum erweiterbaren System
so transparent, dass es umfasst ein jedes Element.
Natur durchschauen heißt:
die eigenen Gefühle, Ideen,
Märchen der Kultur
mal kurz zurückzulassen,
und in strenger Beobachtung
die Geheimnisse zu entschlüsseln.
DIAN FOSSEY: *16. Januar 1932 †26. Dezember 1985
Welch ein Verrat, welche Unverschämtheit, welche Ungerechtigkeit!
Mir diese Kleinen einfach zu entreißen, nachdem ich sie wochenlang am Leben hielt.
Nie vertraue ich wieder auf Aussagen von Menschen, die mir so feierlich geloben,
es gehe ums Wohl der Tiere.
In den Zoo! Dafür habe ich nicht zwei Leben gerettet, sie wochenlang gepflegt,
die Affenmutter nachgeahmt, den kleinen Wesen Kraft geschenkt,
dies alles im Vertrauen, ich dürfte sie ihr Leben weiterleben lassen,
ungestört in ihrem Element und entsprechend den Gesetzen der Natur.
Aus meinem Weg, ihr Äste, weicht vor meinen Füßen, ihr Gräser,
mit meiner Machete könnte ich Löcher in den Wald reißen!
Doch ist es die Grausamkeit meiner eigenen Spezies, die mich so empört:
Die Menschen mit ihrem Hochmut, mit ihren Zoos und Käfigen,
ihrer endlosen Sammellust, ihrem Gier und ihrem Unverständnis für die Prozesse der Natur.
JOHN HARRISON: *3. April 1693 †24. März 1776
Viele Jahre sind vergangen, seitdem ich voller Ehrgeiz meines Lebens Arbeit unternahm.
Ich dachte, in einem Jahr, in zwei, in drei hielte ich einen Chronometer in der Hand,
mit dem ich alle Erwartungen der Navigatoren überträfe
mit dem‘s uns endlich gelänge, den Längengrad zu messen.
So fein die Arbeit, so geschickt meine Finger, so ausgeklügelt sind meine Entwürfe:
so nah bin ich dran und doch Sekunden fern der Perfektion!
Jede Uhr aus meiner Werkstatt ist wahrhaftig ein Meisterwerk der Physik
Jede Uhr eine Hymne an die menschliche Geduld.
Und doch auf hoher See konnte noch keine davon den unruhigen Geist der Zeit bändigen.
Geduld und Zeit und Meisterschaft: Die habe ich.
Lass mich nur weiter werkeln: ich werde es euch zeigen.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: *28. August 1749 †22. März 1832
Tag für Tag führe ich Gespräche, setze Stempel, unterschreibe…
Und wo ist mein Leben hin? Begraben im Archiv des herzoglichen Palasts!
Zehn lange Jahre an diesem Hof und in all der Zeit entstand kein Werk,
das meines Namens würdig ist!
Bin ich letzten Endes doch nur ein verstaubter Beamter,
der einst in seiner Jugend einen literarischen Sturm erweckte
und rasch verblühte, ohne Bleibendes zu hinterlassen?
Ich muss hier weg oder ich ersticke in Kleinbürgerlichkeit!
Es gibt eine ganze Welt da draußen und ich verrotte in Weimar
wie ein Mönch in seiner Zelle, gekettet durch Verantwortung,
gebunden durch das Bedürfnis, mein täglich Brot zu verdienen.
Wo ist das Leben, das Abenteuer, die Muse der Inspiration?
Ich werde keinen einzigen Tag mehr hier verbringen!
Keiner darf von meiner Absicht wissen;
heute Nacht breche ich heimlich Richtung Süden auf
und bis sie es erfahren, bin ich schon längst verschwunden!
Wo Zitronenbäume blühen, wo sich Menschen an der Kunst des Lebens freuen,
wenn ihr wollt, da könnt ihr mich suchen.
ERNESTO ‚CHE‘ GUEVARA: *14. Juni 1928 †9. Oktober 1967
Was war das für eine Reise! Wir zwei, unser Gepäck
und das glorreichste Motorrad aller Zeiten, eine Legende auf zwei Rädern!
Wir suchten nach Erfahrungen, Abenteuern, der Freiheit der leeren Straßen...
Als Kinder sind wir losgefahren, als Männer zurückgekehrt.
Bis dahin kannte ich nur die schattigen Alleen der Stadt
die Ansichten der Kolonialherren und die Gesellschaft reicher Leute.
Ich wollte die Krankheiten einzelner Menschen heilen,
erkannte aber nicht die Seuchen, die ein ganzes Land befallen,
wenn ein Volk alle Früchte des Landes erntet und ein anderes verhungert;
wenn Armut ein Land in Ketten legt und alle Träume zerstört,
wenn Menschen, von ihrer Vergangenheit zertrennt,
auch noch ohne Zukunft, ohne Hoffnung, leben müssen.
Am Ziel unserer Reise angelangt, warf ich mich entschlossen in den Fluss,
der mich von meinen Brüdern trennte, der mich von meinem Schicksal trennte
und lernte am anderen Ufer meine Lebensziele kennen.
STEPHEN HAWKING: *8. Januar 1942 †14. März 2018
Schau dir den Kosmos an!
Staune und frage dich, wie unser Universum zustande kam!
Alles, was es gibt, gegeben hat und jemals geben wird
ist unser zum Erforschen, wenn wir uns nur trauen,
über den Rand des menschlichen Lebenshorizonts zu blicken
und uns mit Dingen zu befassen, die die Grenzen des Verstandes überschreiten.
Wie können wir einen Raum verstehen,
der immer größer wird, je weiter wir hineinschauen?
Was ist Zeit und wie verhält sie sich in der Unendlichkeit?
Wie eine gerade Linie, die sich über den Raum erstreckt,
oder gebogen in Wellen, sich windend in Schlingen?
Im Zusammenhang des Ganzen ist der Mensch
ein unbedeutendes Makromolekül auf einem peripheren Planeten
und doch in seinem Forschergeist ein Wesen voller Würde.
Wer die größten Geheimnisse durchdringen will,
der muss sich mit dem Minutiösen befassen,
denn erst in der Betrachtung der kleinsten Details
erscheinen die Antworten auf des Lebens große Fragen.